Alles, was uns als Menschen auszeichet - Sprache, Denken, Kultur oder Erkenntnis -, beruht auf der Fähigkeit, Erinnerungen abzuspeichern und abzurufen. Durch ein Ereignis oder
einen bestimmten Gedanken werden in unserem Gedächtnis Erinnerungen geweckt, die uns dann plötzlich ganz bewußt sind. Was
fällt Dir beispielsweise spontan ein, wenn Du das
das Wort "schwarz" liest?
Den meisten Menschen
wird nun "weiß" in den Sinn kommen. So ist es
in vielen alltäglichen Situationen: eine bestimmte Sache
wird mit einem anderen Gedanken vollkommen automatisch in
Verbindung gebracht (z.B. klein - groß, schwer -
leicht). Diese natürliche Arbeitsweise des Gehirns kannst
Du sehr gut benutzen, um Informationen abrufbereit
im Gehirn zu speichern. Dazu musst Du lernen,
Assoziationen bewußt zu kontrollieren. Eine Assoziation
ist nämlich nichts anderes als eine gedankliche
Verknüpfung zweier "Dinge" im Gehirn.
Die Mnemotechnik
(=Merktechnik) basiert genau auf diesem Prinzip.
Man schafft sich spezielle Anker in Gedächtnis, an welche
man die zu merkende Information anhängt. Ein
Software-Entwickler würde es auch so erklären: "im
Gehirn werden Variablen deklariert, um Speicherplatz für
die einzulesende Information bereitzustellen". Auf
diesen Speicherplätze kann dann Information jeden Typs
abgelegt werden. Die verschiedenen Systeme der Mnemotechnik
unterscheiden sich eigentlich nur in der Art und Weise wie diese
Speicherplätze angelegt werden.
In der Regel wird im
Gedächtnis eine Grundstruktur "geschaffen",
deren Elemente bildhaft als Anker angesehen werden
können. Diese Anker werden später mit der neu
aufzunehmenden Information verknüpft. Solche
Merksysteme ermöglichen es, innerhalb kürzester Zeit
eine Liste von Elementen im Gehirn abzuspeichern.
Anschließend können die Informationen praktisch in
beliebiger Reihenfolge wiedergegeben werden. Zudem lassen
sich die Systeme fast beliebig erweitern.
Es ist relativ leicht,
solch ein System zu erlernen. Im folgenden stelle ich
einige einfache Techniken vor.
Bevor es mit den eigentlichen Techniken losgeht, noch einige allgemeine Hinweise! Wenn Du sie beachtest, erhöhen sich die Erfolge der einzelnen Mnemosysteme. Die Grundregeln müssen nicht unbedingt eingehalten werden, sie haben sich in der Praxis jedoch als äußerst effektiv erwiesen.
Dieses System ist sehr
schnell und leicht zu lernen. Man benötigt vielleicht
gerade mal 15 Minuten, um erste Erfolge damit zu
erzielen. Es demonstriert die Anwendung und
Leistungsfähigkeit von Merktechniken hervorragend.
Bei dieser Technik wird für jede Zahl von 1-10 ein
Merkwort gelernt. Jedes Merkwort wird dann praktisch so wie ein
Kleiderbügel benutzt:
Es lassen sich Informationen an dieses Merkwort
anhängen, indem eine Assoziation zwischen Merkwort und
dem entsprechenden Sachverhalt bildlich hergestellt wird.
Soll etwas anderes gemerkt werden, stellt man sich in
Verbindung mit dem jeweiligen Merkwort einfach eine neue
Assoziation vor.
Kommen wir zu den Merkwörtern. Sie müssen zunächst als
die erforderliche Grundlage sorgfältig eingeprägt werden. Das
System heißt "Zahl-Reim"-System, weil die
Merkworte sich auf die jeweilige Zahl reimen sollen. Es
können beliebige Worte gewählt werden, meine
persönlichen Merkwörter für dieses System sind:
Einige Worte reimen sich nicht so gut oder sind etwas verstümmelt, aber ich persönlich kann damit gut leben. Falls Du mit meinen Merkworten nicht zurecht kommst, suche Dir ruhig eigene, die Du Dir besser vorstellen kannst. Es geht einzig und allein darum, daß Du Dir das entsprechende Wort leicht und detailliert bildlich vorstellen kannst. Lasse Deiner Phantasie freien Lauf !
Jetzt musst Du Dir die Merkwörter gut einprägen. Gehe sie immer wieder durch, zähle in Deinen Reimworten, vorwärts und rückwärts. Stelle Dir jedes Reimwort dabei bildlich vor. Variiere auch Farbe und Größe. Wenn Du Deine Merkworte beherrschst, kannst Du das System schon anwenden. Du bist in der Lage, Dir zehn Informationen einzuprägen, und in beliebiger Reihenfolge (d.h. vorwärts, rückwärts oder wahlfrei) abzurufen. Alles was Du tun musst, ist, eine Assoziation zwischen dem Reimwort zu der einzuprägenden Information herzustellen.
Angenommen an vierter Stelle soll das Wort "Taschenuhr" gemerkt werden. In diesem Fall stellst Du Dir bildlich vor, wie die gold-glänzende, tickende Uhr langsam in ein Bierglas gleitet, und plötzlich ist das Ticken nicht mehr zu hören. Auf diese Weise kannst Du Dich sehr leicht wieder erinnern, wenn Du Dich fragst, was mit dem Bier geschehen ist. Um die Information abzurufen stellst Du Dir also nur das Reimwort für die entsprechende Zahl (=Bier) bildlich vor.
Das System läßt sich folgendermaßen trainieren: Nimm eine Zeitung, wähle einen beliebigen Artikel aus und versuche, die ersten zehn Hauptworte zu merken. Lege dann die Zeitung weg und schreibe die Worte auf. Das Ergebnis kannst Du selbst feststellen. Versuche auch einmal, die Worte nach einigen Stunden zu reproduzieren. Ich bin sicher, Du kannst es!
Dieses System funktioniert von Prinzip her genauso wie das Zahl-Reim-System. Die Merkworte reimen sich jedoch nicht auf die jeweilige Zahl, sondern sie besitzen eine ähnliche Form wie die geschriebene Zahl. Zur Anschaulichkeit habe ich eine kleine Zeichnung erstellt:
Denke Dir ruhig
eigene Bilder aus, meine Zeichnung soll nur zur
Veranschaulichung dienen! Die einzelnen Merkworte sind
wiederum als stabile Basis im Gehirn zu verankern! Um
bestimmte Sachverhalte einzuprägen, werden sie einfach
mit dem jeweiligen Merkwort assoziiert.
Nochmals der Hinweis: stelle Dir die Verknüpfung
bildlich vor, nutze alle Sinne (Farben, Gerüche,
Geräusche, Bewegung,...). Konstruiere Dir ein
merkwürdiges Szenario. Um die Information später
abzurufen, brauchst Du wirklich nur das feste Basiswort vor
Deinem geistigen Auge zu betrachten.
Das Raum-System (auch Loci-System), ist ebenfalls einfach und effizient. Man schafft sich im Gedächtnis einen persönlichen Raum, den man individuell gestalten kann. Das kann z.B. das Wohnzimmer zuhause sein. Dieser Raum kann immer wieder neu verwendet werden, er stellt sozusagen den Speicherplatz dar, der immer wieder neu beschrieben und gelöscht werden kann.
Die zu memorierende
Information wird in diesem virtuellen Raum plaziert. Um
die gespeicherten Dinge wieder abzurufen, spaziert man in
Gedanken durch den wohlbekannten Raum. Auf dieser
Wanderung werden die abgelegten Informationen automatisch
ins Bewußtsein gelangen!
Zunächst geht es einmal darum, einen solchen Raum im
Gedächtnis zu verankern. Informationen können erst
memoriert werden, wenn man in Gedanken eine klares Bild
seines Raumes wahrnehmen kann. Daher sollte man sich
diesen Raum ganz bewußt nach seinen individuellen
Wünschen gestalten. Zeichne Dir einen Grundriss.
Richte den Raum dann nach Deinem persönlichen
Geschmack ein.
Male ihn auf Papier, auch aus verschiedenen
Perspektiven! Spaziere in Gedanken durch diesen
Raum, präge Dir jedes Detail ein! Nutze alle
Sinne! Hörst Du Klänge? Gibt es Gerüche? Wie fühlen
sich die einzelnen Sachen an?
Nimm Dir Zeit,
diesen Raum in allen Einzelheiten wahrzunehmen und
spaziere in Gedanken immer wieder hindurch. Seie
nicht ungeduldig! Es kann einige Tage dauern, bis Du
ein klares Bild von Deinem Mnemo-Raum hast. Sie wirst
ihn später für den Rest Deines Lebens effizient nutzen
können, und im Vergleich dazu ist die
"Einrichtungsphase" doch ziemlich kurz, oder?
Sobald der Raum im Gedächtnis abrufbar ist, können
Informationen im Raum abgelegt werden. Stelle Dir
bildlich vor, wo das zu Erinnernde in diesem Raum
plaziert ist.
Möchtest Du Dir beispielsweise eine Einkaufsliste
einprägen, und beabsichtigst Du Eier, Milch, und Äpfel
zu besorgen. Dann könnten die Bilder so aussehen :
Wenn Du solche Assoziationen nutzt, wirst Du garantiert nichts mehr vergessen! Im Laufe der Zeit wird sich der Umgang mit dem persönlichen Raum stetig verbessern und bald wirst Du die Fähigkeit besitzen, beinahe beliebig viele Dinge in ihm unterzubringen.
Dieses System ist etwas für Fortgeschrittene. Es ist ein sehr mächtiges System, erfordert jedoch ungleich mehr Aufwand für das 'Legen der Basis' als die zuvor beschriebenen sehr leicht zu erlernenden Techniken. Dieses ausgesucht intelligente und effektive System, Wörter in Zahlen zu verwandeln, ist eine Errungenschaft indischer Kultur. In Europa ist es seit dem 17. Jahrhundert bekannt. Die spezielle Aufteilung der konsonantischen Laute, die ich hier benutze, stammt von Aimé Paris (1825). Sie ist heute die international gebräuchlichste.
Die Grundidee des Systems ist es, die Ziffern der einzelnen Merkpositionen durch konsonantische Laute zu 'ersetzen', um so einen bildhaften Anknüpfungspunkt im Gedächtnis zu schaffen.Das Ersetzen der Ziffern geschieht nach einer festen Austauschregel. Diese Eigenschaft hilft später auch, einzelne Merkworte zu rekonstruieren.
In der untenstehenden Tabelle sind die Austauschregeln zusammengefaßt:
Ziffer | Buchstabe |
1 | d,t |
2 | n |
3 | m |
4 | r |
5 | l |
6 | sch, ch, tsch, g, j |
7 | k |
8 | f, v, w, pf |
9 | b, p |
0 | s, z, ß |
Wichtig ist hierbei, nicht nur auf die Buchstaben zu sehen, sondern Laute zu verstehen. Jedem konsonantischen Laut wird durch die Tabelle eindeutig eine Ziffer zugeordnet. Jedem Wort wird dann über die Folge seiner konsonantischen Laute eindeutig eine Zahl zugeordnet.
Mehl = 35 Müller = 354 Müllerin = 3542.
Die Zuordnung erfolgt über die Aussprache und nicht über die Orthographie:
Otto = Hütte = Hut = 1
In der Regel berücksichtigt man nur eine bestimmte Anzahl von Stellen:
Bernstein = Paranuß = Brunnen = 942 ( dreistellig)
Pullover = Ballspiel = Polen = 95 (zweistellig)
Berlin = Puma = Popocatepetl = 9 (einstellig).
Eine ausführlichere Darstellung des Zifferncodes, seines historischen Hintergrundes und seiner systematischen Bedeutung gibt Ulrich Voigt in Esels Welt. Eine Liste mit 1000 Schlüsselwörtern, die nach den obigen Regeln konstruiert sind, gibt Tony Buzan in dem Buch 'Nichts vergessen!' Beide Titel sind unten unter Links aufrufbar.
Hier gibt es ein Beispiel, wie man sich mit diesem System die ersten 102 Nachkommastellen der Zahl Pi merken kann. Es gibt auch einen guten Eindruck für die Verwendung des Systems.
http://www.zmija.de/mnemotechnik.htm
Version:12.10.2012
©2001-12 ZMIJA.DE
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